23. Oktober 2018
Dieser Sommer hat es wieder einmal gezeigt. Wir tun uns schwer mit unserer Nationalhymne. Sei es die Nati an der Fussball-WM, seien es die TeilnehmerInnen an der 1.-Augustfeier oder an der Eröffnung des Herbstfestes
Es sind längst nicht alle, die den Schweizerpsalm mit Inbrunst und Überzeugung mitsingen können. Woran liegt es? Wir von der GLP haben diese unbefriedigende Situation diskutiert und beschlossen, der Sache nachzugehen.
Trittst im Morgenrot daher,
seh ich dich im Strahlenmeer.
Dich, du Hocherhabener, Herrlicher!
Wenn der Alpenfirn sich rötet,
betet, freie Schweizer, betet!
Eure fromme Seele ahnt
Gott, den Herrn, im hehren Vaterland.
Dies der Text, des Zürchers Leonhard Widmer aus dem Jahr 1840 mit der Melodie von Alberich Zwyssig. Der „Schweizerpsalm“ zählte zwar im 19. Jahrhundert zu den beliebten Volksliedern.
Aber als Landeshymne wurde er erst im 20. Jahrhundert entdeckt: Er löste 1961 provisorisch das Lied „Rufst du, mein Vaterland“ ab. Erst 1981, also nochmals 20 Jahre später, erklärte der Bundesrat den „Schweizerpsalm“ zur offiziellen Schweizer Landeshymne.
Mit anderen Worten: Die Schweiz erhielt vor 37 Jahren eine Hymne, die damals bereits 140 Jahre alt war und den Zeitgeist vor der Gründung des Bundesstaates wiedergab.
Kein Wunder, dass das Lied in den letzten Jahrzehnten an Strahlkraft verloren hat. Immer wieder gab es Vorschläge und parlamentarische Vorstösse, die den religiös geprägten Inhalt der Landeshymne durch etwas Zeitgemässes ersetzen wollten. Immerhin war ja 1999 auch die Bundesverfassung von 1848 (sie ist also jünger als der „Schweizerpsalm“) total revidiert worden.
Die Bestrebungen für eine neue Hymne mündeten schliesslich 2012 in die Ausschreibung eines Wettbewerbs durch die „Schweizerische gemeinnützige Gesellschaft“ (SGG). Eine Fachjury wählte sechs der 208 eingereichten Beiträge für eine öffentliche Abstimmung aus.
2015 wurde der Sieger gekürt. Er stammt von Werner Widmer, trägt den Namen „Schweizer Strophe“ und wird zur bewährten Melodie des „Schweizerpsalms“ gesungen:
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Bund:
Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden.
Offen für die Welt, in der wir leben,
lasst uns nach Gerechtigkeit streben!
Frei, wer seine Freiheit nützt,
stark ein Volk, das Schwache stützt.
Weisses Kreuz auf rotem Grund,
unser Zeichen für den Schweizer Bund.
Die SGG schreibt dazu: „ Im vorgeschlagenen neuen Hymnentext sind die zentralen Werte der Schweiz formuliert: Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden und Sorge für die Schwachen. Der neue Hymnentext basiert inhaltlich auf der Präambel der Bundesverfassung von 1999“.
Wir haben jetzt also eine anerkannte Alternative. Die SGG ruft die Gemeinden jedes Jahr dazu auf, den neuen Text zur vertrauten Melodie ebenfalls zu singen.
Mehr als 20 Gemeinden machen mittlerweile Gebrauch davon und integrieren die neue Strophe in die Hymne. Im Jahr 2018 sang die Stadt Bern an der offiziellen Bundesfeier sogar ausschliesslich den neuen Text. Das ist eine bemerkenswerte Entwicklung. Könnte sie wegweisend sein - auch für ein Dorf wie Hettlingen?
Wir finden: Ja! Es ist Zeit, ein Zeichen zu setzen. Es ist Zeit, unseren heutigen Patriotismus auch mit eigenen, zeitgemässen Worten zu besingen. Dazu gehören Begriffe wie Eigenverantwortung, Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.
Wir wollen weiter darüber nachdenken.
Rahel Wepfer-Hägeli
Grünliberale Partei Hettlingen